Schwere Jungens

StoriesTruck Life

„Hier steht jeder für den anderen ein.“

Tausende Kubikmeter Aushub und schwere Baufahrzeuge werden bei der Firma Konrad G.tz in Seubersdorf transportiert. Dafür ist unter anderem ein MAN TGX-Sattelschlepper nötig – und ein Vollblutfahrer. Das Ding ist zu hoch, verflixt. Die Dachhöhe geht über vier Meter – der Radladermuss wieder runter. „Wir sind 30 Zentimeter zu hoch“, sagt Florian Brendel und klappt den Meterstab ein. Der 33-Jährige hebt mit einem Kollegen die Radmuldenabdeckungen vom Tieflader heraus, steigt ins Führerhaus, geht leicht aufs Gas und zieht mit dem MAN TGX die Teleskopverlängerung aus dem Tieflader. Abdeckungen wieder rein, und Maschinist Stefan Vogl kann nun zentimeterweise das 18-Tonnen-Fahrzeug in die tieferen Mulden rangieren. Passt. Auffahrrampen einklappen, die Ladung sichern – los geht’s. Unter dem sonoren Sound aus 15,2 Liter Hubraum lenkt Brendel das Gespann vom Betriebshof. Beim Transport von Baufahrzeugen müssen Handarbeit und Technik stimmen – eine Spezialität von Erdarbeiten Götz in Seubersdorf. Baggerbetrieb, Containerdienst, Abbruch- und Brecherbetrieb: Für die Kunden in der Region kommt alles aus einer Hand – von einem Familienbetrieb, bei dem jeder mit anpackt.

1946 fing es mit einem MAN-Hauber an. Als Konrad Götz 1999 die Firma von seinem Vater Konrad Götz senior übernahm, hatte das Unternehmen drei Mitarbeiter, heute sind es 15. Götz ist seit 2013 ausschließlich MAN-Kunde. Neben dem TGX 26.640 sind drei TGS 35.500-Dreiseitenkipper und ein 26.480-Lkw im Einsatz. Ein TGS 18.460 2×2 BB wird bereits seit März beim Containerdienst eingesetzt. Neben dem Baugeschäft transportiert Götz als Subunternehmer schweres Gerät durch ganz Deutschland. Hauptakteur dabei: der 640 PS starke MAN TGX mit Tieflader. Der Mann am Steuer heißt dann immer Florian Brendel. Je schwieriger die Aufgabe, desto lieber ist sie ihm. Im Führerhaus ist es jetzt muckelig warm, Brendel lehnt sich zurück. Die schmale Kreisstraße ist rutschig – doch der Truck läuft mit insgesamt 44 Tonnen wie auf Schienen, selbst durch den Kreisverkehr. Fast zärtlich streicht Brendel über das Armaturenbrett. „Eine tolle Laufruhe“, sagt er. „Für mich ist das einfach ein schönes Auto.“

Zweites Zuhause 

Auf seinen Touren quer durch Deutschland schläft er in der Koje hinter dem Fahrersitz. Bei der Konfiguration des Fahrzeugs wurde der Einbauschrank in der Kabine gewählt: Dabei ist die bequeme Schlafliege unten statt oben positioniert, im oberen Bereich bringt der Fahrer in 500 Liter Stauvolumen jede Menge Reisegepäck unter. Brendel schätzt das XLX-Führerhaus mit Stehhöhe und Standklimaanlage: „Wenn ich im Sommer früh Feierabend mache, hält man es hier gut aus.“ Ein versenkter Kühlschrank, eine Mikrowelle und eine Kaffeemaschine, alles da: „Mein zweites Zuhause.“ Die enge Straße führt ein Gefälle hinab, vielleicht acht Prozent. Brendel betätigt den Retarder – sofort setzt kräftig die Motorbremse ein. „Spart Bremsen, die werden so nicht heiß“, sagt er. Dass Konrad Götz inzwischen komplett auf MAN setzt, hat mit dem Design und der Technik zu tun – doch nicht nur.

Wir haben eine enge Verbindung zum MAN-Verkauf und -Service in Neumarkt. Von Alexander Hefele bekommen wir alles aus einer Hand, Gebraucht- wie Neufahrzeuge. Er hat immer eine ideale Lösung für uns und kümmert sich um alles.

Konrad Götz

Alexander Hefele betreut den MAN-Verkauf im Raum Neumarkt. Auf der Baustelle in Parsberg wird Brendels Zug unterdessen schon erwartet. Auch der Chef ist vor Ort. Der Teamgeist spielt eine große Rolle in dem Betrieb. Götz: „Hier steht jeder für den anderen ein.“ Kapo Helmut Wittl: „So einen Chef wie Koni kannst du lange suchen.“ Götz schaut sich an, was auf der Baustelle passiert ist. Mit dem Felsmeißel haben die Kollegen etliche Meter Dolomit abgetragen. Hartes Zeug, eine eigene mobile Brechmaschine hat das Material vor Ort zerkleinert. Mittlerweile ist der Radlader vom Tieflader gerollt. Unter Dröhnen belädt er die TGS-Kipper: Rund 5.000 Tonnen Schotter müssen zügig weg. Sie sollen auf die nächste Baustelle – als Unterbau für ein Fundament.

Familiäre Atmosphäre

Götz studiert sein Klemmbrett. „Der Flo fährt mit euch in den Steinbruch nach Unterweikenhof, ihr holt groben Kalkstein.“ Wenn Konrad Götz von seinen Fahrern redet, hört man in jeder Silbe Respekt. Auch wenn er über Brendel spricht. „Noch nie durfte einer nach so kurzer Zeit den 40-Tonnen-Tieflader fahren“, sagt er. 2012 stieß „der Flo“ dazu. Schon bald sprach Wittl den Chef an. „Hast du den schon mal rückwärtsfahren sehen?“ Es war klar: Brendel ist ein Naturtalent. Den konnte Götz gut brauchen. Noch eine weitere Komponente schweißt die Männer der Spedition Götz zusammen: das Familiäre. Denn Brendel ist heute Schwiegersohn in spe. Als er mit Götz’ Tochter Marina zusammenkommt, kriegt der Vater das gar nicht mit, sondern erst, als die 24-Jährige ihm und Mutter Claudia eröffnet: „Heute Abend kommt mein neuer Freund – ihr kennt ihn.“ „Das war anfangs mehr als komisch für mich“, sagt Konrad Götz. „In der Früh gab ich ihm Arbeit, und am Abend saß er bei uns zum Essen.“

Florian Brendel: „Da geht es um Zentimeter.“

Hallo, Florian, unser Artikel heißt „Schwere Jungens“. Wenn man dich so anschaut: So schwer bist du gar nicht.

Florian (lacht): „Nee, tatsächlich nicht. Schwer ist mehr das, was wir täglich fahren: Bagger, Container, Aushub und Bruch. Aber das Allerschwerste ist der Verkehr, der immer dichter wird. Da brauchst du immer volle Konzentration, wenn du mit Überbreite oder Überlänge fährst. Anstrengend ist auch der ständige Wechsel im Rhythmus der Arbeitszeit – das schlaucht.“ 

Und eure Trucks?

Florian: „Der Wechsel in der Arbeitszeit macht denen nichts. Aber die müssen an Gewicht schon einiges aushalten – doch dafür sind die ja gebaut. Und wenn es ins Gelände geht, kommen die Maschinen schon mal an ihre Grenzen.“

Gibt es spezielle Anforderungen an einen Fahrer in diesem Bereich?

Florian: „Klar. Mit Ladung zu fahren bedeutet, ein Gefühl dafür zu entwickeln, für Maße und Gewicht. Natürlich musst du genau wissen, wie man Ladung sichert, und du musst mit Fahrzeug und Tieflader echt vertraut sein: Baustellen und Anfahrtswege sind oft sehr eng, da geht es manchmal um Zentimeter. Und du musst jede Maschine für das Be- und Entladen fahren können – das ist eine echte Zusatzqualifikation. Und du musst mit Zeitdruck professionell umgehen können und Geduld haben – aber das müssen wir ja alle.“

Sind weitere Zusatzqualifikationen nötig? 

Florian: „Also, vorgeschrieben sind keine. Aber wir qualifizieren uns doch alle ständig weiter. Wir lernen doch im wahrsten Sinne des Wortes durch Erfahrung. Ich auf jeden Fall, jeden Tag aufs Neue.“

Was sind aus deiner Sicht die Vorteile deines Berufes?

Florian: „Das macht total Spaß. Jetzt mal im Ernst: Es ist doch Hammer, dass man solche Monster so sicher bewegen kann. Dass wir Dinge möglich machen, die eigentlich unmöglich sind. Dass es immer neue Herausforderungen gibt und dass es eigentlich nie langweilig wird.“ 

Gibt’s auch Nachteile?

Florian: „Gehört doch dazu. Kann passieren, dass man wenig zuhause ist, weil man ständig unterwegs ist. Und man hat oft lange Arbeitszeiten, weil der Tieflader der Erste sein muss auf der Baustelle und der Letzte, der auf den Hof kommt. Dann noch vorladen für den nächsten Tag und dann Feierabend. Endlich.“

Letzte Frage an den Schwiegervater, an Konrad Götz: Was sind die großen Veränderungen zwischen damals, als du gestartet bist, und heute?

Konrad Götz: „Kann man fast nicht vergleichen. Die Fahrzeuge waren doch noch sehr einfach. Die Ausstattung heute mit Servolenkung, Sitzheizung, Standheizung, Standklimaanlage, Kaffeemaschine, Mikrowelle usw. hätte man sich damals gar nicht vorstellen können. Fahrerhaus und Sitze sind durch Luftfederungen heute viel angenehmer für den Fahrer. Und vor allem – und das ist das Wichtigste – ist doch alles viel sicherer geworden, zum Beispiel dank Notbremsassistent, Spurhalteassistent oder Abbiegeassistent mit Kamera. Aber das ist doch auch gut so, dass alles immer besser wird.“

Fotos: © Marc und David