Ein legendäres Sammlerstück

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Zeitlos perfektes Fahrgefühl

Als Jörg Syska aus dem lippischen Währentrup vor einigen Jahren seinen MAN 8.156 erwarb, erfüllte sich der frühere Tiefbauunternehmer einen lang gehegten Wunsch. In seiner aktiven Zeit hatte er auch Modelle der fast legendären MAN Ponton-Kurzhauber im Einsatz. Spätestens in den 2000er-Jahren fand Jörg Syska zum Oldtimerhobby. Und als sich 2013 die Gelegenheit bot, konnte er nicht widerstehen, auch ein Baufahrzeug in seine Sammlung aufzunehmen. Der Zweiachs-Kipper wurde aufwändig restauriert, was dem anspruchsvollen Liebhaber fast ein ganzes Jahr kostete.

Der Aufwand hatte sich gelohnt. Viele Jahre hatte Jörg Syska Freude an dem Hauben-MAN. Als er in diesem Jahr verstarb, wurde der Oldie an seine Tochter Miriam Schmahl und ihren Mann Andreas Wolber weiter gereicht. Der MAN 8.156 von Miriam Schmahl gehört mit einer Erstzulassung von 1968 zu den späteren Modellen der Baureihe. Schon 1956 hatte MAN eine neue Generation seiner Haubenwagen eingeführt. Als Hauptmerkmal waren die modernen Fahrzeuge als sogenannte Kurzhauber konstruiert. Der Name folgte der Tatsache, dass der Motor nicht mehr konventionell komplett vor dem Fahrerhaus verbaut war. Nur noch leicht nach vorne versetzt über der Vorderachse platziert, ragte die Maschine bis unter die Kabine. Dadurch konnten die Fahrzeuge erheblich kompakter und kürzer gebaut werden als ihre Vorgänger. Es handelte sich damals in der Tat um ein ganz neues Fahrzeugkonzept. Die bezeichnende Pontonform verfügte über eine integrierte Einheit aus Kabine und Haube, anstatt der davor üblichen freistehenden Kotflügel und Scheinwerfer. Trotz des neuen kompakten Designs war die Zugänglichkeit zum Motor durch eine großzügige Haube sichergestellt.

Rundliche Formen bestimmten das Aussehen, ganz dem Zeitgeist entsprechend. Dafür waren gewiss auch neue Bearbeitungsmöglichkeiten der Karosseriebleche verantwortlich. Mit der neuen Fahrzeugklasse kamen die Bayern zudem dem großen Konkurrenten Mercedes zuvor, der ein entsprechendes Design im vergleichbaren Stil erst drei Jahre später brachte. Sowohl bei MAN als auch bei Mercedes Benz wurde eine Grundlage für Jahrzehnte geschaffen. Äußerlich fast unverändert wurde der MAN-Kurzhauber zwar nur bis 1969 gebaut. Zusammen mit dem dann durchgeführten Face-Lift brachte es die Reihe auf satte 38 Jahre. Erst 1994 verschwand das Pontondesign endgültig aus dem MAN-Programm.

Ein Fahrzeug, das schnell zum Klassiker avancierte

Bereits kurz nach seinem Erscheinen entwickelte sich der Kurzhauber zu einem Rückgrat der MAN-Flotte. Insbesondere dort, wo robuste und wartungsunkomplizierte Technik gefragt war, erreichten die Fahrzeuge großen Zuspruch. Das war besonders auf dem Feld der Baufahrzeuge der Fall, weshalb die Kurzhauber besonders im Kippersegment verbreitet waren. Der Zweiachser aus Währentrup ist ein Dreiseitenkipper mit Kippbrücke des bayerischen Marktführers Meiller. Für den Betrieb auch abseits befestigter Straßen empfahl sich der Ponton-MAN durch seine große Bodenfreiheit und steile Böschungswinkel. Eine gute Geländegängigkeit erreichten die Zweiachser auch ohne Allradantrieb durch die ausgewogene Gewichtsverteilung. Durch den vor der Vorderachse stehenden Motor wurde die Hinterachse entlastet. Hier hatte wiederum die kompakte Bauweise ihren Anteil für die Schaffung einer großen Ladefläche und einem hohen Nutzlastanteil. Und immerhin hatte MAN diesem 8.156 zumindest eine manuelle Hinterachssperre spendiert.

Ungebrochener Beliebtheit erfreuten sich die Lkw auch mehr als 10 Jahre später noch, als der MAN von Miriam Schmahl 1968 ausgeliefert wurde. Zudem war die Vielfalt groß. Die Dimensionen reichten von vier bis 30 Tonnen. Der Hersteller verfügte aus eigener Fertigung über ausreichende Motorenvarianten. Zumeist handelte es sich um Reihensechszylinder als Viertakt-Direkteinspritzer. Beim 8.156 ist eine sieben Liter große Maschine mit eben 156 PS verbaut. Das reicht bei einem zulässigen Gesamtgewicht von 12,5 Tonnen für eine mögliche Zuladung von gut acht Tonnen. Aus den Zahlen ergibt sich dann die Typenbezeichnung.

Wenig Komfort, dafür viel Handarbeit am Steuer

Obwohl der 12 Tonner von Miriam Schmahl zu den späteren Ausführungen gehört, kommt er technisch noch in einer recht simplen Ausführung daher. Zunächst fehlt eine damals nur gegen Aufpreis lieferbare Servounterstützung der ZF-Gemmerlenkung. Das Rangieren wurde da durchaus zur körperlichen Anstrengung. Ähnlich verhält es sich mit der Schaltung. Nicht nur, dass die Getriebebox nicht synchronisiert ist – die MAN-Stockschaltung ist durchaus einzigartig, legendär und nicht ohne Tücken. Mit ihrem senkrechten H-Schaltbild war sie schon zeitgenössisch ein Greuel für jeden ungeübten Fahrer. Die unsynchronisierten Getriebe sind ohnehin nicht so einfach zu schalten, handelte es sich doch um eine Klauenschaltung. Da hilft es auch nichts, wenn der Hersteller sie selbstbewusst als Leichtschaltausführung anpries. Immerhin sechs Gänge stehen zur Verfügung und die Stockschaltung bietet heute ein einmaliges Fahrgefühl, das allerdings schon erobert werden will.

Die robuste Qualität steht außer Frage, Zulieferer war natürlich ebenfalls ZF. Zusammen mit dem Fehlen der Servolenkung hat sich der MAN-Kurzhauber im perfekten Oldiezustand alles bewahrt, was der echte Fan erwarten darf. Das Fahren mit Doppelkuppeln und Zwischengas alter Schule macht den Anspruch vollkommen und das Auftreten oder Ausbleiben des unvermeidlichen Krachens im Getriebe trennt den Laien vom Profi. Das hat auch Andreas Wolber als Gelegenheitsfahrer schon erfahren dürfen: Besonders den Rückwärtsgang einzulegen ist für ihn oft Glücksache.

Autor: Bodo Wistinghausen

Aus der Zeitschrift „Historischer Kraftverkehr“ – Verlag Klaus Rabe