Die MAN Elektrolöwen von A bis Z
Viele von euch Fahrern zeigen großes Interesse an der neuen Technologie der MAN eTrucks. Ihr habt uns eure Fragen geschickt und wir antworten darauf. In diesem Artikel geht es um unterschiedliche Themen rund um die Elektrolöwen.
Noch immer habt ihr viele Fragen rund um die Elektrolöwen. In einer Artikelserie geben wir Antworten auf alle eure Fragen. In diesem Beitrag gehen wir auf diverse unterschiedliche Themen ein, die für euch bei den eTrucks interessant sind. Die Fragen und Antworten zum Antriebsstrang und zum Batteriesystem haben wir schon zusammengestellt. Außerdem könnt ihr die MAN eTrucks im virtuellen Showroom von allen Seiten betrachten und tief in die Fahrzeugkomponenten eintauchen

Unser Experte, Achim Demattio (MAN Truck & Bus als Project Manager Sales – New MAN eTruck), nimmt uns mit, um den MAN eTruck von seiner technischen Seite kennenzulernen. Er hat eure Fragen beantwortet.
Altbewährtes und doch neu gedacht.
Dieselantriebsstrang raus – Elektromotor rein – fertig? So einfach ist der Wechsel auf die neue Antriebstechnologie leider nicht. Hier findet ihr nützliches Detailwissen über die MAN eTrucks und zum Umgang mit ihnen in der Praxis.
+ Für welche Anwendungen gibt es die MAN eTrucks?
Da bestehen keine Einschränkungen. Prinzipiell eignen sich die MAN eTrucks für alle Anwendungen, bei denen auch vergleichbare Dieselfahrzeuge zum Einsatz kommen.
Hier findest du eine Übersicht der MAN eTrucks für den Einsatz auf Baustellen, im Fernverkehr, im Kommunalbereich, für Tankzüge bis hin im Verteilerverkehr.
+ Ist der eTruck auch als Gigaliner umsetzbar?
Ja, die e Trucks sind in allen in Europa gängigen Trailerlängen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 50 Tonnen verfügbar. Gegebenenfalls gibt es länderspezifische Einschränkungen bei der Zulassung oder Sonderzulassungen.
+ Wie wurden Fahrer in die Entwicklung integriert?
Im Rahmen von Marktforschungsanalysen fanden Befragungen mit Fahrern statt. Zudem wurden die Fahrzeuge im Rahmen der Validierung eingehend von Testfahrern geprüft.
+ Wer hat den Lkw getestet?
In Zusammenarbeit mit unseren Testing-Fachbereichen haben unsere Entwicklungsabteilungen den eTruck und die darin verbauten Komponenten über mehrere Jahre getestet, um Probleme beim Serienfahrzeug auszuschließen. Über die ausgiebigen Winter- und Sommererprobungen haben wir auch schon viel auf unserer Seite berichtet.
+ Wie lange habt ihr daran entwickelt?
Das Fahrzeugprojekt wurde in 2019 gestartet. Darin sind aber auch sehr stark die Erkenntnisse aus früheren Kleinserienprojekten und Komponentenprojekten eingeflossen.
+ Was kostet denn so ein eTruck? Lohnt der sich wirklich?
Ein Elektro-Lkw kann in der Anschaffung deutlich teurer als ein Dieseltruck sein. Dennoch machen sich die Fahrzeuge bezahlt durch geringere Betriebskosten, niedrigere Wartungskosten und Einsparungen bei den Energiekosten. Zudem profitieren sie von staatlichen Förderungen und geringen Emissionen.
+ Muss ich Steckverbindungen selbst tauschen oder anschließen?
Beim Ladevorgang muss der Ladestecker in das Ladeinlet gesteckt werden. Abgesehen davon, besteht für den Fahrer keine Notwendigkeit, am Fahrzeug irgendwelche Steckverbindungen anzuschließen oder zu tauschen.
+ Gibt es neue Assistenzsysteme?
Ja, gleichlaufend mit unseren Diesel-Fahrzeugen bieten wir den eTruck mit allen aktuellen Assistenzsystemen an.
+ Wie hört sich ein eTruck an? Gibt es ein Soundmodul? Wie hören mich die anderen Verkehrsteilnehmer?
Ein Elektro-Lkw ist im Betrieb sehr leise. So leise, dass bei geringen Geschwindigkeiten ein Geräuschgenerator (Acoustic Vehicle Alert System, kurz: AVAS) zum Einsatz kommt, um Fußgänger und andere Verkehrsteilnehmer zu warnen. Dieses Geräusch klingt jedoch nicht wie ein Dieselmotor.
Bei Geschwindigkeiten bis 20 Stundenkilometern kommt ein Geräuschgenerator (Acoustic Vehicle Alert System, kurz: AVAS) zum Einsatz, bei Rückwärtsfahrt ein Rückfahrwarner. Bei höheren Geschwindigkeiten ist das Fahrzeug durch das Reifenabrollgeräusch deutlich vernehmbar.
+ Gibt es auch normale Spiegel oder nur noch Spiegelersatzsysteme?
Elektrofahrzeuge und Dieselfahrzeuge von MAN verfügen annähernd über den gleichen Ausstattungskatalog. Daher lassen sich die eTrucks – je nach Kundenwunsch – mit normalen Spiegeln oder mit MAN OptiView, dem Spiegelersatzsystem, konfigurieren.
+ Inwiefern unterscheidet sich das Thermomanagement beim eTruck im Vergleich zum Diesel-Lkw?
Beim Diesel-Lkw ist in der Regel nur ein Wasser-Kreislauf erforderlich. Eingebunden in den Kühlkreislauf des Dieselmotors ist auch der Wärmetauscher zum Heizen des Fahrerhauses. Bei Fahrzeugen mit Retarder wird die beim Abbremsen des Fahrzeugs entstehende Wärme ebenfalls über das Motorkühlsystem abgeführt. Alle diese Funktionen arbeiten mit einer einheitlichen Kühlmitteltemperatur von ca. 100 Grad Celsius. Beim neuen MAN eTruck dagegen steht – durch den ausgezeichneten Wirkungsgrad des Elektromotors von deutlich mehr als 90 Prozent – wesentlich weniger Abwärme zum Heizen des Innenraums zur Verfügung als beim Dieselfahrzeug. Es muss also mithilfe anderer Wärmequellen möglichst energieeffizient zugeheizt werden, um auch an heißen Sommer- und kalten Wintertagen eine möglichst hohe Reichweite des Fahrzeugs zu gewährleisten. Der eTruck verfügt über drei unterschiedlich temperierte Kühlmittelkreisläufe (zentrale Antriebseinheit, Fahrerhausheizung und Hochvolt-Batteriepack), um genau das zu gewährleisten. Diese drei Kühlkreisläufe sind über eine Wärmepumpe miteinander verknüpft. Sie erzeugen und tauschen ihre Energie möglichst effizient und mit wenigen beteiligten Komponenten aus, um den zusätzlichen Energiebedarf aus den Hochvoltbatterien zu minimieren.
Kühlkreisläufe mit allen Hauptkomponenten des Thermomangements
80-°C-Kreislauf (rot)
- Wärmetauscher Fahrerhaus (1)
- Klimakompressor Fahrerhaus (2)
- Hochvoltheizer Fahrerhaus (3)
15–25-°C-Kreislauf (blau)
- Hochvolt-Batteriepacks (9)
- Wärmepumpen-kreislauf bzw. Kälte-einheit (10)
- Hochvoltheizer (11)
- Chiller (12)
60-°C-Kreislauf (grün)
- Zentrale Antriebseinheit (4)
- Luftpresser (5)
- Kühlsystem der MCS-Ladeeinheit [hier nicht dargestellt] (6)
- Spannungswandler (für 24-V-Bordnetz) (7)
- Frontkühler (8)

+ Wie effizient ist der eTruck auch im Winter?
Für einen effizienten Einsatz der eTrucks im Winter sorgt die Vorkonditionierung der Batterien. Damit die notwendige Betriebstemperatur der Hochvolt-Batteriepacks und damit die volle Leistungsfähigkeit des Fahrzeugs beim Start der Tour gewährleitet ist, kann die Vorkonditionierung zu einer bestimmten Abfahrtszeit per App oder direkt am Fahrzeug vorgewählt werden. Je nach Außentemperatur erfolgt dann – mit entsprechendem zeitlichen Vorlauf – ein möglichst energieeffizientes Heizen oder Kühlen des modularen Batteriesystems und weiterer relevanter Fahrzeugkomponenten. Neben den Hochvolt-Batteriepacks kann auch das Fahrerhaus zum Abfahrtszeitpunkt auf eine gewünschte Temperatur aufgeheizt oder heruntergekühlt werden und der Druckluftvorrat befüllt werden.
Unterbleibt die Vorkonditionierung des Fahrzeugs beziehungsweise muss spontan abgefahren werden, ist bei extremen Temperaturen für einen begrenzten Zeitraum eine verminderte Leistung und Geschwindigkeit abrufbar.
+ Warum müssen die Batterien vorkonditioniert werden?
Damit die volle Kapazität der Lithium-Ionen-Batterien lange genutzt werden und der Alterungseffekt minimiert werden kann, müssen die Batterien unabhängig vom Witterungseinfluss in einem eng begrenzten Temperaturfenster im Bereich zwischen 15 und 25 Grad Celsius bleiben. Deswegen werden die Hochvolt-Batteriepacks im Winter geheizt und im Sommer beziehungsweise unter Leistungsabgabe gekühlt. Das spezielle Batterietemperaturmanagement mit aktiver Heizung und Kühlung bietet maximale Systemsicherheit. Damit die Temperaturregelung die Reichweite möglichst wenig beeinträchtigt, hat die Effizienz beim Temperaturmanagement höchste Priorität.
Ist das Fahrzeug während der Vorkonditionierung mit einer Ladesäule verbunden, wird die notwendige Energie (für Druckluft, Heizung und Kühlung) direkt aus der Ladeinfrastruktur bezogen. Die Energie muss nicht den Hochvolt-Batteriepacks entnommen werden. Die Reichweite wird somit durch das Vorkonditionieren nicht eingeschränkt.
+ Wie funktioniert das Kühlen während des Ladens?
Während die meisten Fahrzeugsysteme an der Ladesäule in den Ruhemodus gehen, hat das Kühlsystem auch hier Hochbetrieb. Je höher der Ladestrom, umso kürzer die Ladezeiten. Allerdings steigen durch die hohen Ströme die Temperaturen im Innern der beteiligten Komponenten an, sodass die notwendige Kühlleistung auch steigt. Voraussetzung für das sogenannte Megawatt-Charging (MCS) mit Ladeströmen bis zu 1.000 Ampere ist die Flexibilität der Kühlkreisläufe. In der Ladezeit unterstützt sogar der Kältekreislauf der Fahrerhauskühlung mit bis zu 50 Prozent seiner Kühlleistung. Ein zusätzliches Kühlsystem für die Lastspitzen beim MCS-Laden, das das Gesamtsystem verteuert und komplexer macht, ist dadurch nicht erforderlich.
Im Normalfall reichen die verbleibenden 50 Prozent Kühlleistung der Klimaanlage zur Temperierung des Fahrerhauses während der üblichen Dauer eines MCS-Ladevorgangs (ca. 30 bis 60 Minuten) aus. In Extremfällen (zum Beispiel, wenn Sonneneinstrahlung das Fahrerhaus im Vorfeld bereits aufgeheizt hat) hat der Temperaturkomfort für den Fahrer Vorrang: Dann erfolgt eine Reduktion des Ladestroms und eine Freigabe der maximalen Kühlleistung der Klimaanlage zur Kühlung des Fahrerhauses.
+ Wie wird das Fahrerhaus des eTrucks beheizt?
Das Effizienzgebot gilt gleichermaßen für die Fahrerhausheizung. Der Diesel-Lkw nutzt hier – bei laufendem Motor – weitgehend die Wärme des Motorkühlkreislaufs. Bedingt durch den höheren Wirkungsgrad des Elektromotors kann der neue MAN eTruck auf eine erheblich geringere Motorabwärme aus dem 60-Grad-Celsius-Kreislauf zugreifen. Zusätzliche Heizelemente sind notwendig, um den Temperaturkomfort im Fahrerhaus zu gewährleisten.

Um auch hier den Einsatz der elektrischen Energie so gering wie möglich zu halten, ist das Kühlsystem so ausgelegt, dass neben der Motorabwärme auch der hocheffiziente Wärmepumpenkreislauf (10) des Batterie-Thermomanagements zum Heizen des Fahrerhauses eingesetzt werden kann – erneut mit positivem Effekt auf den Nebenverbrauch elektrischer Energie und die Fahrzeugreichweite.Der Hochvoltheizer (3) kommt erst dann zum Einsatz, wenn die Wärme des 60-°C-Kreislaufs und der Wärmepumpen-Kreislauf (10) nicht zum Heizen des Fahrerhauses ausreicht.
